Auch der zweite Festivaltag verspricht wieder ein strahlender Sommertag zu werden. Wie schön, dass ich so halbwegs fit und ausgeschlafen bin. Es hat eben doch ab und zu etwas für sich, nicht übermäßig viel zu saufen. Und mit diesem Wort zum Sonntag geht es jetzt gleich in medias res.
Die erste Band des Tages ist Human Prey, die Dying-Fetus-Fans aus Leipzig. Nein, das habe ich mir nicht selbst ausgedacht, das haben sie bei dieser Show verkündet. Überhaupt ist das auch durch den Wechsel von massiven Slam-Parts und fixem Geholze ersichtlich. Ich bin ganz offensichtlich nicht der einzige, dem das richtig gut gefällt, lustiges Im-Kreis-Rennen ist angesagt. Und weil das Kraft kostet, verteilt die Band zwischendrin noch belegte Brötchen ans Publikum. Klasse Aktion, für mich bitte beim nächsten Mal ein Schnitzel-Sandwich…
Dieses Stimmungslevel kann von Arranged Chaos leider auch nicht annähernd gehalten werden. Im Gegenteil, der Platz vor der Bühne ist wie leergefegt. Musikalisch wird bedauerlicherweise auch nur Metalcore so ziemlich nach Schema F geboten. Das ist für mich mal so gar nicht interessant…
Das kann von der nächsten Band mit dem schönen Namen Cuntemonium allerdings sogar noch unterboten werden, denn hier gilt die Devise „Stumpf ist Trumpf“. Eintöniges Geslamme, lustige Effektspielereien für den Gesang, dazu rot bekleckerte OP-Kittel – fertig ist die Porngrind-Show. Immerhin ist der Circle Pit nach der kurzen Pause von eben wieder zurück und bietet bessere Unterhaltung als das, was so auf der Bühne passiert. Wichtige Utensilien wie Bademäntel und Klobürsten dürfen da nicht fehlen.
Nun aber wieder zu etwas ernsthafterem: Deserted Fear mit Old School Death. Sehr schwedisch, mit einer Prise US-Death, das ist ein sehr ansprechender Mix. Ich hätte allerdings doch ein bisschen mehr Zuspruch des Publikums dafür erwartet, gerade im Vergleich zu den vorhergehenden Bands war relativ wenig los.
Um so mehr geht es dann aber ab bei Cytotoxin. Die Brutalos aus Chemnitz waren ja bereits im vorigen Jahr sehr erfolgreich beim In Flammen am Start, dieses Jahr sorgen sie mit ihrem heftigen Brutal/Slam Death mit leichter technischer Note für noch mehr Action. Von Anfang an gibt es einen fetten Circle Pit, dank eines mitgebrachten Kreisverkehr-Schilds weiß auch ein jeder gleich, was Sache ist. Sänger Grimo hält es kaum auf der Bühne, die eine oder andere Runde rennt er im Pit mit, natürlich ohne dabei sein Gegrunze zu unterbrechen. Zum guten Schluss werden noch die Fans auf die Bühne gebeten, um dort oben im Kreis herum zu hopsen. Wie schon im letzten Jahr ein eindrucksvoller Auftritt von Cytotoxin.
Die nächste für mich interessante Band ist dann bereits mit Crowbar der Co-Headliner. Auf die Sludge-Metal-Urväter war ich ganz besonders gespannt, habe ich die doch bisher noch nie live gesehen. Ganz offensichtlich bin ich nicht der einzige, der wegen dieser Band hier ist, dieser Gig ist derjenige des diesjährigen Festivals, der die meisten Besucher vor die Bühne lockt. Die Meute bekommt, was sie sich gewünscht hat: Doomcore – ein Gebräu aus zähen, walzenden Doom-Riffs und wütendem Hardcore; der Front-Bart Kirk Windstein klingt dazu recht angepisst wie sich das gehört. Echt heavy.
Als Kontrast dazu präsentieren sich die Kameraden von Benediction ausgesprochen gut gelaunt, ohne Umschweife hauen die Engländer eine Death-Metal-Granate nach der anderen raus, darunter einige von den frühen Klassiker-Alben wie Subconscious Terror oder Transcend the Rubicon. Gerne erinnert Sänger Dave Hunt auch ab und zu daran, dass die Band ja eigentlich aus alten Punks besteht, woraufhin jedesmal das Gaspedal gleich noch ein bisschen mehr durchgetreten wird. Schönes Ding, diese Show, und das umso mehr, als Benediction in letzter Zeit ja nicht gerade wie einige Kollegen an jeder Steckdose gespielt haben. Dumm nur, dass zwischen drin gleich mal der Strom ausfällt, die Bühne ist komplett dunkel und still und es dauert ein Weilchen, bis es weitergehen kann. Da der Zeitpunkt, zu dem die Livedarbietungen abgeschlossen sein müssen, unverrückbar feststeht, geht die dadurch verlorene Zeit vom Benediction-Auftritt ab. Das ist ein bisschen ärgerlich…
Und damit ist auch das diesjährige In Flammen Geschichte. Die Bar bleibt zum Absch(l)uss noch bis zum Morgengrauen geöffnet (und gut besucht). Das ist allerdings nicht der Grund, dass ich mich dieses Jahr bereits in aller Frühe auf die Socken mache und bereits Sonntag Vormittag wieder zu Hause bin. Der Dank dafür gebührt den Kollegen, die den Zeltplatz die ganze Nacht über ohne Pause lautstark mit grauenhafter elektronischer „uffta-uffta“-Mucke beschallen.
Die Bandauswahl war jedenfalls wieder einmal gelungen, mit diversen guten Bands von nah und fern und einigen echten Highlights, auch wenn bei einem Festival, das einen Querschnitt über viele Metal-Subgenres zu bieten hat, natürlich immer Bands dabei sind, die mich nicht besonders interessieren.
Ein riesiger Pluspunkt ist natürlich immer wieder die locker-entspannte Atmosphäre, wie man sie eben nur bei solchen kleinen Festivals finden kann. Das Ticket für nächstes Jahr ist jedenfalls schon mal bestellt.