Das hier ist der zweite Teil meines kleinen Schulaufsatzes über „mein schönstes Ferienerlebnis“ – zum ersten Teil geht es hier lang.
Der zweite Festivaltag beginnt mit „Frühschoppen-Metal“ von den Getränkealkoholikern, allerdings mit einer einstündigen Verspätung gegenüber dem offiziellen Zeitplan. Dennoch bin ich immer noch nicht wieder fit genug, um die Songs über so interessante Themen wie die Förderung der Wirtschaft durch Saufen, Razzien auf dem Tschechenstrich oder die Freuden des Brummifahrens mit einer Hand am Genital in ihrer vollen Schönheit würdigen zu können. Einer der Pfeffis war wohl schlecht. Andere sind da schon besser drauf, ich denke da zum Beispiel an die Herren, die mit Kutte, Patronengürtel und geschmackvoll gemusterter Unterhose (oder „Schlüpper“, wie man hierzulande sagt) bekleidet zum Feiern erschienen sind. Immerhin fällt mir trotz allem die Vielseitigkeit der Band positiv auf: fast jeder darf mal singen, und von Black Metal bis Grindcore wird so ziemlich alles durch den Wolf gedreht, was es an harter Musik so gibt. Ach ja, einige Songs sind zudem ziemliche Ohrwürmer, allen voran der über den berüchtigten „Aldi-Bier-Vampir“.
Am frühen Nachmittag geht es dann aber wieder ernsthaft weiter, wir sind schließlich nicht zum Spaß hier. Allerdings sind auch bei den Jungs von Tired die Nachwirkungen des Vorabends zu bemerken. So verpeilt habe ich bislang selten eine Band auf der Bühne erlebt – wegen vergessener Setlist muss ausdiskutiert werden, welcher Song als nächstes gespielt wird, deshalb weiß auch keiner, wie lange überhaupt der Auftritt dauern soll, gelegentlich wird gar ein Song abrupt beendet, anscheinend wegen schwerer Patzer. Aber egal, das ist wenigstens mal was anderes. :-> Ansonsten gibt es recht ansprechenden Death Metal, der eher in Richtung Old School tendiert.
Bei Anima, die recht kurzfristig ins Programm gerutscht sind, enthält der Death Metal dann einen deutlich größeren Thrash-Anteil. Sonst kann ich wieder mal nicht viel dazu sagen, weil mir da einfach nicht viel in Erinnerung geblieben ist.
Das ist bei Rogash wieder anders. Ich hatte mir ja die EP Rogan Era heruntergeladen, es hat zwar ein paar Hördurchgänge gebraucht, mittlerweile finde ich die aber richtig gut. Deshalb bin ich auch pünktlich zum Auftritt wieder im Zelt. Dieser Auftritt ist durchaus gelungen – es gibt ordentlich die Ohren voll mit Death Metal nach US-Rezept, geradlinig und ohne Schnickschnack bis auf gelegentliche Breaks, die ich nicht immer so ganz nachvollziehen kann. Leider ist wie meist zu diesem immer noch relativ frühen Zeitpunkt das Zuschauerinteresse relativ begrenzt, somit kommt auch keine große Stimmung auf.
Langsam meldet sich der berüchtigte „kleine Hunger“, und weil der Grill an der Futterstelle des Festivalgeländes noch nicht angeschmissen ist, mache ich mich „auswärts“ auf die Suche nach Verpflegung. Deshalb kann ich zu Dubiosis nichts sagen, die habe ich komplett verpasst.
Zur Show von Bitterness bin ich allerdings wieder rechtzeitig zurück. Wie ich gehofft habe, gibt es ordentlichen Thrash. Gefällt mir durchaus, aber ich habe gerade mal wieder einen Durchhänger und verschwinde deshalb nach draußen – ausruhen und rumsitzen sind auch mal wichtig. Aus dem selben Grund bekomme ich auch von Dawn of Fate und ihrer Death/Black-Mischung nicht so viel mit. Macht aber nix, die sind ja demnächst nochmal dran.
Während dann die nächste Band beim Aufbauen ist, wundere ich mich doch etwas: Seit wann tragen die Todesmetaller von Debauchery Spandex und Kutten? Die Auflösung folgt mit der ersten Ansage: Die Dänen-Thrasher Hatesphere haben eine Autopanne, weshalb die Running Order kräftig durcheinander gewürfelt wird. Auf der Bühne stehen daher jetzt Iron Kobra, die eigentlich erst zur After-Show-Party spielen sollten. Nicht nur das Outfit der Bandmitglieder, sondern auch die Musik ist äußerst traditionell, gewissermaßen direkt aus den 80ern importiert. Der klassische Heavy Metal scheint mir live doch etwas rauer und aggressiver daherzukommen als vom Tonträger, das gilt besonders auch für den Gesang. Der hohe Gesang hat mich ja beim ersten Reinhören bei Myspace neulich doch etwas gestört, das ist live ganz und gar nicht so. Es passt einfach und macht richtig Spaß. Ohrwurmqualitäten hat die Musik auch, nicht umsonst wird nachts auf dem Zeltplatz immer wieder mal der Refräng von Heavy Metal Generation angestimmt.
Nun aber wirklich Debauchery. Aus der Konserve ist mir die Musik normalerweise etwas zu simpel, um mich über längere Zeit zu unterhalten. Live funktioniert sie aber wahrscheinlich gerade wegen der Einfachheit umso besser. Songs meist im stampfenden Mid-Tempo, relativ einfach gehalten, dafür mit Groove und eingängigen Hooks. Das Richtige zum Headbangen und Refräng-Mitgröhlen – und genau das passiert an diesem Abend reichlich, das Zelt ist nämlich rappelvoll und die Zuschauer gehen mächtig mit. Dem allgemeinen Echo im Netz nach zu schließen, ist es irgendwie uncool, etwas Gutes über diese Band zu sagen, aber ich muss hier jetzt mal anmerken: Auch mir hat das richtig viel Spaß gemacht. Der Band sowieso, dem Grinsen des Frontmanns nach zu urteilen.
Headliner des zweiten Festivaltags sind Eisregen. Mit dieser Band konnte ich noch nie viel anfangen, deshalb verziehe ich mich wieder irgendwo nach hinten. Besonders aufmerksam war ich aus diesem Grund auch nicht. Soweit ich feststellen konnte, gab es die bekanntesten Hits, mit den üblichen Versuchen, die Zensur zu umgehen durch Umschreibungen der Song- und Albumtitel. Einen Vergleich zu anderen Eisregen-Auftritten habe ich nicht, die Fans waren aber offenbar zufrieden. Mein Interesse dagegen hält sich doch in Grenzen.
Mittlerweile ist klar, dass Hatesphere es nicht mal mehr zur After-Show-Party schaffen werden, und die eigentlich vorgesehenen Iron Kobra haben ja schon früher am Abend gespielt. Deshalb springen kurzfristig die Debauchery-Jungs ein, allerdings diesmal unter dem Namen Big Ball. Sie spielen auch keinen Death Metal mehr, sondern ganz klassischen Hard Rock. Hört sich mächtig nach AC/DC an, sogar der Gesang erinnert stark an Brian Johnson. Mir gefällt ja AC/DC, deshalb finde ich auch das hier gut. :-) Allerdings bin ich irgendwann so erledigt, dass es mir schwerfällt, gegen meine Müdigkeit anzukämpfen. Deshalb ist es auch gut, dass dann irgendwann Schluss ist…
So, dass war mal wieder das Chronical Moshers Open Air. Ich war mir ja vorher nicht sicher, ob ich dieses Mal überhaupt hinfahren sollte. Und es war doch wieder gut, dass ich hin bin, allein schon wegen der angenehmen entspannten und familiären Atmosphäre. Noch besser wär’s gewesen, wenn ich nicht so fertig gewesen wäre am Samstag…