Ab und zu lese ich auch mal ein Buch. Müsst ihr es nicht mehr tun. Denn um es gleich vorweg zu sagen: Wer dieses Werk nicht gelesen hat, verpasst nicht viel.
Dieses Buch, „Heavy Metal – Die Bands. Die Fans. Die Gegner“ ist die gekürzte und (wahrscheinlich) vereinfachte Version der Dissertation von Bettina Roccor, die unter dem Titel „Heavy Metal – Kunst. Kommerz. Ketzerei“ veröffentlicht wurde. Der Untertitel ist also ausnahmsweise mal wichtig.
Das Buch ist 1998 erschienen und nur noch antiquarisch erhältlich. Bei den üblichen Versandhändlern im Netz ist es aber relativ problemlos und noch einigermaßen preiswert zu bekommen, ich habe für mein Exemplar gut 6 Euronen gezahlt. Für die Dissertation dagegen muss doch ein deutlich höherer finanzieller Aufwand betrieben werden, da werde ich wohl irgendwann nochmal die Fernleihe bemühen.
Den größten Teil des Buches nimmt eine Darstellung der Geschichte des Metal sowie eine Beschreibung der verschiedenen Subgenres ein. Ein weiteres großes Kapitel befasst sich mit der Fankultur, u.a. dem sozialen Hintergrund der Fans, deren Ansichten zum Thema Metal und dem Äußeren, dem Werdegang von Fans und typischen Szene-Treffpunkten. Weitere Abschnitte drehen sich um kommerzielle Aspekte, Texte und Plattencover sowie die Argumente oder doch eher Vorurteile der Gegner.
Was stört mich also? Erst mal die Fehler – schon beim ersten Durchblättern sind mir einige Patzer bei den Namen von Musikern, Album- und Songtiteln aufgefallen. Zum Beispiel hieß der erste Bassist von Metallica nicht McGoovney. Das könnte man ja noch als unwichtige Flüchtigkeitsfehler abtun, wenn mir nicht auch beim genaueren Lesen einige fragwürdige Behauptungen aufgefallen wären. So wird San Francisco als Schwerpunkt der Death-Metal-Szene bezeichnet, während der Florida-Death Metal nicht explizit erwähnt wird. Im Kapitel über Black Metal (im Buch konsequent und gewöhnungsbedürftig „Blackmetal“ genannt) werden Morbid Angel und Deicide ausführlich erwähnt, während Bathory komplett unter den Tisch fällt.
Gelegentlich verwendet die Autorin eine äußerst… nun ja… blumige Sprache. Über Morbid Angel z.B. schreibt sie:
Von Angesicht zu Angesicht wirken die krankhaften Engel, als wäre mit ihnen nicht gut Kirschen essen: Wer einmal in die stechenden Augen dieser finsteren Gestalten geblickt hat, dankt der Göttin für jeden Tag, der ihn davor bewahrt, einem von ihnen nachts in einer unbeleuchteten Unterführung zu begegnen.
Natürlich muss ein Sachbuch, das sich an ein allgemeines Publikum richtet, auch interessant geschrieben sein, aber hier schiesst sie doch über das Ziel hinaus.
Der interessanteste Teil des Buches ist der über die „Gegner“. Es ist heutzutage, wo jede Dorfzeitung das Sommerloch mit Berichten über das Wacken Open Air füllt und man Band-Shirts bei H&M und im Blöd-Markt kaufen kann, kaum noch vorstellbar, wie verbissen früher nicht nur christliche Fundamentalisten und Ultrakonservative, sondern auch die Mainstream-Presse wie der Spiegel gegen Metal angeschrieben haben („Hammermusik für Behämmerte“ – was für eine großartige Uberschrift!). Wer mehr dazu wissen will, dem empfehle ich allerdings „Verteufelter Heavy Metal“ von Reto Wehrli.
Wer sich auch nur etwas mit Metel auskennt, dem bietet dieses Buch jedoch wenig Neues. Und wer sich nicht auskennt (und auch allen anderen), dem würde ich eher die Dokumentationen von Sam Dunn empfehlen, die sind doch deutlich gehaltvoller als dieser schmale Band.