06.-07.06.2014 – Hauptmannsgrün, Mühlteich
Eigentlich hatte ich ja nicht vor, zur diesjährigen Ausgabe des CMOA etwas zu schreiben, aber auf vielfachen Wunsch einer einzelnen Leserin hier jetzt doch:
Der ganze Campingausflug stellte sich als kleinere logistische Herausforderung heraus: Die Woche davor bis Freitag Mittag noch auf Dienstreise, zu Hause schnell Klamotten wechseln (vielleicht hätte ich ja im Anzug aufkreuzen sollen?), die glücklicherweise schon eine Woche zuvor vorbereitete Ausrüstung geschnappt und nach einer guten Viertelstunde direkt wieder zur Tür raus und zum Bahnhof. Dank einer einwandfreien Leistung der Deutschen Bahn bin ich so trotz allem am späten Nachmittag endlich wieder unter normalen Leuten im Vogtland.
Ich kann nur zu einem Teil der Bands einen kurzen Kommentar abgeben, schließlich war ich überhaupt nicht darauf vorbereitet. Mal sehen, was ich mir noch gemerkt habe…
Die erste Band, die ich erwische, ist Xiom. Ich habe diese traditionsreiche Kombo zwar vor einer ganzen Weile schon einmal live gesehen, aber heute erkenne ich sie kaum wieder. Damals huldigten sie offensichtlich ausführlich Death, häufig verloren sie sich meinem Eindruck nach dabei allerdings in fruchtlosem Gegniedel ohne Durchschlagskraft. Heute ist das allerdings anders, da geht die Band bei allen technischen Finessen doch viel kerniger und handfester zu Werke. Soll heißen: es gibt schön todesmetallisch was auf die Zwölf. Auf jeden Fall ein gelungener Auftakt des Festivals.
Die erste Band, die ich auf meinem (virtuellen) Zettel habe sind Deserted Fear. Die Jungs sind einfach immer wieder für eine fette Old-School-Death-Metal-Show gut, und auch an diesem Tag gehen sie wieder gut zur Sache. Schwedisch mit einer Prise Florida, würde ich sagen. Aber das ist eigentlich auch nicht so arg wichtig, denn auf und vor der Bühne ist die Hölle los.
Das nächste Highlight folgt sogleich und ist ein bisschen ein Kontrastprogramm zum vorhergehenden Auftritt. Denn die epischen, geschwärzten Hymnen von Melechesh sind auch einfach mal gut zum Zuhören und Genießen. Bei Rebirth of a Nemesis muss ich sowieso immer fett grinsen (natürlich nur innerlich, denn EIN ECHTER METALLER HAT KEINEN SPASS!!1!), so unglaublich gut ist der Song. Auch der sonstige Eindruck, den ich bisher schon von der Band hatte, bestätigt sich heute: hart, präzise, gewissermaßen ein gut geölter Mechanismus, der kompromisslos durch alle Wendungen der Songs rast. Mein Favorit des Tages.
Im Anschluss schlägt dann nämlich gleich meine Müdigkeit zu – die letzten Tage waren wohl doch etwas anstrengend. Abgesehen davon: Ich habe Destruction zwar schon öfter gesehen, aber ein Fan werde ich wohl in diesem Leben nicht mehr. Jedenfalls kann ich für die restlichen Bands des ersten Festivaltages nicht mehr so richtig viel Aufmerksamkeit mobilisieren. Aber morgen ist auch noch ein Tag.
…und der wird genau so sonnig und heiß wie der davor, wohl der heißeste Tag des Jahres bisher. Glücklicherweise bin ich nicht in der Stadt, sondern schön hier im Wald mit viel Wasser in der Nähe und einer leichten Brise zur Abkühlung. So lässt’s sich aushalten.
Musikalisch beginnt der Samstag für mich mit Headshot. Die Braunschweiger Thrasher sind schon seit 20 Jahren im Metal-Underground unterwegs. Bisher sind mir jedoch nur ein paar vereinzelte Sampler-Beiträge untergekommen, live habe ich sie auch noch nie gesehen. Seit einiger Zeit steht hier Daniela Karrer, ehemals von Uppercut, am Mikro. Auch diese Band habe ich nie live gesehen, als es sie noch gab, deren letztes Album Reanimation of Hate kann ich Thrash-Freunden allerdings durchaus empfehlen. Also ist das heute gewissermaßen ein Zwei-in-Eins-Auftritt. Und der macht ordentlich Laune, das Richtige zum Aufwachen und um so langsam mal die müden Knochen in Bewegung zu versetzen.
Noch mehr Thrash gibt’s von Fatal Embrace aus Berlin. Und zwar noch einen Zacken brutaler und aggressiver, dabei gleichzeitig mit treibenden Riffs und richtig Volldampf gebend. Also auch wieder ein sehr guter Auftritt. Bei der Gelegenheit fällt mir auf, dass ich wohl bei dem ganzen Stress im Vorfeld nicht so viel Bares mitgebracht habe wie geplant. Einkaufen am Merch-Stand ist dieses Jahr also nur beschränkt möglich.
Wann immer Macbeth hier in der Gegend auftreten, ist die Bude voll und der Teufel los. Heute natürlich auch wieder. Eine gute Live-Band sind sie auch zweifellos. Mein Fall sind ihre WW2-Epen im klassischen Metal-Sound allerdings nicht, deshalb ab zu Bier und Bratwurst.
Totenmond habe ich zwar vor Jahren einmal gesehen, fand ich aber damals nicht so prall. Dabei finde ich gerade die frühen Alben richtig gut, allen voran den Klassiker Fleischwald. Deshalb müssen dringend weitere Datenpunkte her, also finde ich mich rechtzeitig vor der Bühne ein. und tatsächlich gefällt mir das ganze heute deutlich besser – die krachige Gitarre könnte zwar für den vollendeten Genuss im Vergleich zur doch recht dominanten Snare lauter sein, aber irgend etwas ist ja immer. Aber immerhin höre ich den langsamsten Punkrock, der mir je begegnet ist. Dass das nicht der typische Metal-Sound ist, macht Pazzer jedenfalls schon früh klar („Ihr steht auf Metal? Dann seid ihr bei uns an der falschen Adresse!“), und wird zum Abschluss nochmal bestätigt durch eine Cover-Version von Macht kaputt, was euch kaputt macht von Ton Steine Scherben.
Im Gegensatz dazu bieten mir Sinister als nächste Band geradezu klassisches Death-Metal-Geknüppel. Eigentlich genau mein Ding, aber irgendwie können die Tulpenschlächter (professionelle Musikjournalisten müssen wohl jede Band aus den Niederlanden so beknackt bezeichnen, also will ich das ausnahmsweise auch mal tun – aber das bleibt bestimmt das einzige Mal) mich überhaupt nicht fesseln, deshalb verkrümele ich mich lieber nach dem zweiten Song.
Rechtzeitig zu Illdisposed bin ich wieder da, und das lohnt sich richtig. Ich habe die Dänen über die Jahre hinweg immer wieder mal gesehen, aber bei dieser Show wie auch schon beim letzten Mal im November wirkt Fronter Bo Summer fokussierter und konzentrierter, ich würde sogar sagen nüchterner als in früheren Zeiten, was dem Auftritt doch sehr zu Gute kommt. Keine Angst, „swul“ gehört immer noch zu seinen Lieblingswörtern. Die Jungs legen eine echte Death-Metal-Walze mit einem deben Groove hin. Man könnte fast vergessen, dass es sich eigentlich um Melodic Death Metal handelt, wenn nicht immer wieder die melodischen Gitarrenleads aus dem Inferno hervorblitzen würden. Insgesamt eine erstklassige Show.
So langsam geht es in den Endspurt des Festivals. Von den verbliebenen Bands schaue ich mir natürlich Vader an. Aber außer daran, dass ich meinen Spaß hatte, erinnere ich mich an nicht mehr viel. Napalm Death als Headliner lasse ich mir natürlich auch nicht entgehen. Bei denen ist klar, was man zu erwarten hat, und genau das bekommt man auch heute wieder. Allerdings stellen sich bei mir schon gewisse Ermüdungserscheinungen ein, habe ich die Herren doch mittlerweile schon häufiger gesehen. Deshalb halte ich mich ganz hinten auf und an meinem Bier fest, während es weiter vorne wie erwartet richtig rund geht.
Das war es auch schon wieder. Wieder einmal eine sehr angenehme und unterhaltsame Veranstaltung, und ich bin froh, dass ich mich trotz allem dazu aufraffen konnte. Gerade auch, weil das Festival ja letztes Jahr wegen des Hochwassers ausfallen musste. Bis zum nächsten Jahr, dann hoffentlich wieder stressfreier…